Die optimale Größe des Bildsensors
Diese Frage verunsichert wohl so ziemlich jeden Anfänger und auch weiter fortgeschrittene Fotografen stellen Sie diese Frage teilweise noch, z.B. bei der Landschaftsfotografie oder Hochzeitsfotografie.
Die Sensorgröße wird neben der Anzahl der Pixel aber immer noch völlig überbewertet, auch wenn uns die Marketingabteilungen der Kamerahersteller natürlich etwas anderes vorgaukeln. Eine Weile schien endlich Ruhe in den Pixelwahn gekommen zu sein und die großen Hersteller haben moderate Modellpflege betrieben bzw. ihren Kameras lieber nette Features wie WiFi, 100% Sucher, elektronische Wasserwaagen, usw. verpasst. Aber in letzter Zeit ist leider wieder Bewegung in das Pixel-Wettrüsten gekommen. Sony und Nikon haben vorgelegt und nun bringt Canon seine EOS 5DS mit 50-Megapixel Sensor.
In der Theorie machen solch hohen Pixelwerte vielleicht Sinn und hören sich für Anhänger der Landschaftsfotografie oder Fashionfotografie (weil hier viel mit Bildausschnitten gearbeitet wird) bestimmt interessant an, aber in der Praxis lassen sich solch hohen Pixelwerte nur mit sehr hochwertigen Objektiven auch tatsächlich in detailreichere Bilder übersetzen. Teilweise sind diese Objektive allerdings (noch) überhaupt nicht am Markt verfügbar.
Aber zurück zur optimalen Sensorgröße in der Fotografie und die Frage nach der besten Größe des Bildsensors.
Was ist nun “besser”, Kameras mit Vollformat, APS-C oder Micro-Four-Thirds Sensoren?
Generell sollte man sich beim Thema Kameragehäuse und Sensorgröße in Erinnerung rufen, dass es zu Filmzeiten praktisch nur 3 relevante Filmgrößen zur Auswahl gab: 35mm Kleinbild-Film als Negativ oder Dia, Mittelformat- und Großformat-Filme (ebenfalls als Negativ- oder Dia-Film).
35mm Film (Kleinbild) galt als gesetzt für die Reportagefotografie, in der Tierfotografie und Makrofotografie und natürlich für den Allerwelts-Fotografen.
Für die Landschaftsfotografie und Studiofotografen war das Mittelformat der Standard. Wer es sich leisten konnte oder musste, griff auch schonmal zum Großformat. Das war und ist auch heute noch die Königsdisziplin in der Landschaftsfotografie. Aber auch Food-Fotografen wählen oft das Großformat aufgrund der umfangreichen Verstellmöglichkeiten und Verlagerung der optischen Achse (Tilt-Shift-Mechanismus). Schaut man sich die Größenunterschiede der 3 Formate einmal näher an, so sind die Unterschiede schon gewaltig:
Der 35mm oder Kleinbild Film hat die Abmessungen 24x36mm, entspricht also den heute als Vollformat bezeichneten Kamerasensoren. Die Bezeichnung Vollformat für einen Bildsensor in der Größe eines Kleinbildfilms ist natürlich lachhaft, wenn man sich die Größe eines Mittelformat- oder gar Großformatfilms im Vergleich anschaut.
Der Mittelformat-Film in 4,5x6cm oder 6x9cm ist von der Fläche her DEUTLICH größer als der Kleinbildfilm. Das Großformat (ab 9x12cm) ist wiederum DEUTLICH größer als das Mittelformat.
Berechnet man die Fläche, kommt man auf folgende Werte:
Großformat: 108 qcm bei 9x12cm
Mittelformat: 54 qcm (6x9cm) bzw. 27 qcm (4,5x6xm)
Kleinbild (KB): 8,64 qcm
Selbst das “kleine” Mittelformat 4,5x6cm ist also rund 3x größer als die Fläche eines Kleinbildfilms, das “große” Mittelformat 6x9cm sogar rund 6x größer. Und die Fläche des kleinste Großformat 9x12cm ist somit genau doppelt so groß wie ein 6x9cm Mittelformatfilm bzw. 4x größer als 4,5x6cm Mittelformat.
Gegenüber dem Kleinbildmaß (als “Vollformat” bei den heutigen DSLRs bezeichnet) ist die Fläche des 9x12cm Großformat nahezu 13x größer. Die 13-fache Fläche!
Großformat ist also das wahre Vollformat.
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Was bedeutet das jetzt nun für unsere Eingangsfrage nach der optimalen Größe des Bildsensors?
Sehen wir uns einmal die Unterschiede der gängigen Kamerasensorgrößen Vollformat, APS-C und Micro-Four-Thirds (MFT) im Vergleich zu den anderen Formaten an:
Ist der Unterschied zwischen den drei Sensorgrößen noch so gewaltig, wie es einem beim Verfolgen der vielen Diskussionen in den einschlägigen Foren vorkommt? Wohl kaum.
Wir berechnen mal wieder die Flächen:
Kleinbild (KB) Sensor, also “Vollformat”: 8,64 qcm
APS-C Sensor: 3,38 qcm
Micro-Four-Third Sensor (MFT): 2,25 qcm
Immerhin ist ein Kleinbildsensor fast 4x so groß wie die Fläche des Micro-Four-Third Sensor. Aber die Absolutwerte der Flächen im Vergleich zum Mittelformat bzw. Großformat sind doch erheblich größer.
Für uns bedeutet dieser marginale Größenunterschiede zwischen MFT, APS-C und Vollformat-Sensoren, dass wir rein von der Bildqualität her praktisch keinen “falschen” Sensor bzw. kein “falsches” Kameragehäuse kaufen können. Die Detailwiedergabe wird bei allen drei Sensorgrößen für den Großteil der Anwendungen ausreichen. Auch die Anzahl der Pixel ist heute bei allen Kameras auf einem mehr als brauchbarem Niveau, für die meisten Anwendungen sogar viel zu hoch.
Fakt ist natürlich, dass ein größerer Sensor auch mehr Pixel pro Fläche “verträgt” und somit in der Theorie auch höher auflösen sollte. Den Unterschied wird man aber nur bei wirklich großen Ausdrucken oder dem Einzoomen auf 100 oder 200% am Monitor erkennen.
Vergleiche ich bei normaler Ansicht (ich zoome in der Regel auf 50-100% zur Schärfekontrolle) die Bilder aus meiner Canon 5D MK II mit denen der Canon 7D und der Fuji X-Pro 1, so erkenne ich keinen wirklichen Unterschied in Bezug auf die Wiedergabe von Details bei den unterschiedlichen Sensorgößen und Sensorauflösungen.
Bauartbedingt kann ein größerer Bildsensor rein physikalisch natürlich mehr Pixel wiedergeben bzw. Fotozellen enthalten als eine kleinere Sensorfläche, ohne dass die Bilder später Rauschen zeigen oder Details im Bild verloren gehen. Dies ist der Fall, da die Abstände zwischen den vielen, winzig kleinen Helligkeits-Sensoren bei einem größeren Sensor größer sind als bei einem kleineren. Hierdurch erhitzt sich ein solcher Sensor nicht so schnell und es kommt zu weniger Bildrauschen. Das ist auch der Grund warum Kameras mit kleineren Sensoren, wie MFT oder APS-C, eher weniger Auflösung (Pixel) haben sollten, als Kameras mit Vollformatsensor.
Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Auswahl der Kamera mit der richtigen Sensorgröße ist der “Verlängerungsfaktor” von Sensoren, die kleiner sind als das Vollformat. Kameras mit Vollformat-Sensor können mit allen für das Kleinbild gerechneten Objektiven verwendet werden und es gelten die auf den Objektiven angegebenen Werte für die Brennweite.
Für alle, die wie ich noch mit Film angefangen haben zu fotografieren, bleibt also alles beim Alten, jedenfalls was die Brennweite anbelangt.
Da ich bei meinem Wechsel zur Digitalfotografie 2006 bereits einige hochwertige Objektive hatte, war ein wichtiges Pro-Argument für das Vollformat, dass ich meine Objektive wie gewohnt weiterverwenden konnte. Mit meiner ersten DSLR, einer Canon 10D mit APS-C Sensor, war ich daher nie 100%ig zufrieden.
Kameras mit APS-C oder Micro-Four-Thirds Sensor “verlängern” die Brennweite von Kleinbildobjektiven, APS-C um das 1.5-1.6-fache, MFT um das Doppelte. Wohlgemerkt gilt das nur für Objektive, die für das Kleinbild gerechnet sind.
Ein 50mm KB-Objektiv wird von der Bildwirkung her somit zu einem 85mm (APS-C) bzw. 100mm (MFT) Objektiv. Hierdurch verliert man Weitwinkel bzw. muss auf entsprechend extreme Weitwinkelobjektive zurückgreifen, die leider oft auch extrem teuer sind. Mein Superweitwinkel Objektiv Canon EF 16-35mm L USM wird z.B. an meiner Canon 7D zum 27-64mm 26-56mm (siehe unten) Objektiv. Das ist dann doch eher Standard Brennweite bezogen auf die Bildwirkung.
Weiterhin haben die kleineren Bildsensoren auch eine größere Tiefenschärfe als Vollformatsensoren. Eine Blende von 1.4 bleibt natürlich auch bei APS-C oder MFT-Sensoren eine f1.4 bezogen auf die korrelierende Belichtungszeit. Von der Bildwirkung her kommt sie aber eher an Blende f2 an einer Kleinbildkamera heran.
Schlussendlich ermöglichen kleinere Bildsensoren natürlich auch den Bau kleinerer Kameragehäuse und Objektive. So richtig interessant wird das aber erst beim Micro-Four-Thirds Format oder den Systemkameras mit APS-C Bildsensoren, wie z.B. der X-Pro 1 von Fujifilm.
Das kann für alle mobilen Fotografen oder beim Wandern, Klettern oder Bergsteigen sehr interessant sein.
Fazit
Für alle Fotografen, die oft und viel bei hohen ISO-Werten fotografieren müssen, also z.B. in der Hochzeitsfotografie, bei Available Light Portraits, o.ä., empfehle ich Kameras mit Vollformatsensor, da diese weniger Bildrauschen zeigen. Auch dort wo sehr gezielt mit extrem geringer Schärfentiefe gearbeitet wird, also z.B. in der Portraitfotografie oder zum Freistellen von Gegenständen vor unruhigem Hintergrund, ist das Vollformat klar die beste Wahl. Auch Weitwinkel-Fans werden hier voll auf Ihre Kosten kommen und sich über gerade noch bezahlbare Super-Weitwinkelobjektive freuen.
In der Tierfotografie und für Sportfotografen zählt jeder Milimeter Brennweite. Hier sind Kameras mit APS-C oder MFT Sensoren im Vorteil. Aus einem 400mm Objektiv wird (von der Bildwirkung her) ein 600-640mm Supertele bzw. am MFT-Sensor sogar ein 800mm Bolide. Und tragbar bleibt das Ganze auch noch. Auch normale Stative können mit dieser Ausrüstung problemlos verwendet werden.
Kommt es auf jedes Gramm Gewicht bei der Fotoausrüstung an, z.B. beim Klettern, Bergsteigen oder Wandern, kommen eigentlich nur noch Kameras mit MFT-Sensor in Frage oder aber die neues Systemkameras mit APS-C Sensor.
Meine komplette Fujifilm X-Pro 1 Ausrüstung z.B. kann ich ohne Probleme den ganzen Tag mit mir herumtragen ohne das mein Rücken schmerzt. Das ist auch der Grund warum scheinbar immer mehr Hochzeitsfotografen und Streetfotografen auf die aktuellen Systemkameras wechseln.
Für Streetfotografen spielt daneben natürlich auch die Unauffälligkeit eines kleinen Kamerasystems eine wichtige Rolle.
In meinen Fototaschen tummeln sich alle drei Sensorgrößen bzw. Kamerasysteme und ich verwende ganz gezielt meine Gehäuse mit Vollformat oder APS-C Sensor oder eben meine kleine und leichte Fuji Systemkamera.
Müsste ich mich nur für eine Sensorgröße bzw. ein System entscheiden, wäre das meine Fujifilm X-Pro 1.
Wie steht Ihr zur Sensorwahl? Bevorzugt Ihr Kameras mit Vollformat, APS-C oder MFT-Sensoren?
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Hi Dominik,
toller Artikel aber eine kleine Anmerkung: Du schreibst dein 16-35 kommt auf der 7D auf 27-64mm. Wie kommst du auf diese Werte? Beim Canon Cropfaktor von 1,6 komme ich auf 26-56mm.
Ich habe mich letztens Jahr dazu entschlossen, meine 7D zu verkaufen und mir eine gebrauchte 5D Mark II zu zulegen. Hauptsächlich wegen der Freistellung und dem Rauschverhalten. Den Unterschied kannst du ja aus eigener Erfahrung sehr gut selbst beurteilen.
Als Beispiel für die platzsparende, kompakte Systeme nennst du den MFT Sensor. Ich werfe an dieser Stelle nochmal das Vollformat in Form der Sony Alpha 7 ins Rennen. Gerade die 7S besticht zwar nicht durch Megapixel aber durch ein Rauschverhalten, welches bei High ISO seinesgleichen sucht. Aber des einen Freud ist des anderen Leid: Für mich ist sie schon wieder fast zu kompakt und noch ein Objektivpark geht gut ins Geld.
Hallo Markus,
Danke für das aufmerksame Lesen. Du hast natürlich völlig Recht, das Camom EF 16-35mm ist am 1.6er Crop der EOS 7D von der Wirkung her wie ein 26-56mm am KB-Vollformatgehäuse. Gedanklich war ich wohl irgendwie beim 17-40mm Canon, dass ich mir seinerzeit als Immer-Drauf für die 7D holen wollte.
Die Sony ist natürlich eine mehr als nette Alternative zu meinem Fuji X-System und kompakt dazu. Aus romantischen Gründen bin ich eben ins Fuji X Lager eingestiegen und mittlerweile habe ich auch einen zu großen Objektivpark, um einfach so zu wechseln. Ausserdem liebe ich einfach den Look der JPEGs aus der Fuji X-Pro1 und die Objektive sind der Wahnsinn. Aber für Jeden der neu einsteigt, ist Dein Tipp mit der Sony sicher hilfreich. Ich denke auch, dass der Autofokus der Sony deutlich besser (schneller) ist als bei der Fuji X-Pro 1. Die XT-1 besitze ich leider (noch) nicht 😉
Gruß
Dominik
Vielen Dank, sehr ausgewogene und kenntnisreiche Darstellung der vielen Aspekte.