Eine echte Leica M6 Classic zu besitzen ist ein lang ersehnter Traum von mir, den ich mir Ende letzten Jahres erfüllen konnte. Der Kauf der M6 Messsucherkamera hat mich die Liebe zur analogen Fotografie wiederentdeckten lassen und ich habe hier im Blog auch schon über meine Gründe für die Filmfotografie geschrieben. Warum es nun unbedingt eine Leica M6 Classic sein musste? Leica steht zusammen mit Firmen wie Hasselblad, Zeiss oder Voigtländer einfach für Qualität und Treue zum Film. Der Mythos Leica lässt auch mich nicht unberührt. Und ganz ehrlich, man kauft sich eine Leica auch deshalb, weil sie einfach verdammt gut aussieht und ein solides Stück Feinmechanik darstellt. Alles läuft rund, ausbalanciert und für die Ewigkeit gebaut. Das findet man bei den heutigen Kameras leider kaum noch und gerade die solide Bauweise ist wohl auch einer DER Gründe für den Erfolg der Fuji X-Pro Kameras.
Ich wollte also unbedingt eine alte, rein mechanische Leica mit Messsucher haben, die ich dennoch unkompliziert benutzen kann. Das Filmwechseln sollte leicht von der Hand gehen, die Kamera in einem guten Zustand sein und auf einen externen Belichtungsmesser wollte ich nach Möglichkeit verzichten können. So stand nach kurzer Recherche und den YouTube Videos von Matt Day fest, dass es eine Leica M6 werden soll.
Die Leica M6 Classic erfüllt als einzige analoge Leica meine Ansprüche, da sie einen hervorragenden Messsucher besitzt (nur getopt von dem der Leica M3), rein mechanisch arbeitet (den Belichtungsmesser ausgenommen, ansonsten funktioniert die Leica M6 ohne Batterien), bereits das „Schnellwechselsystem“ für das Film-Wechseln verbaut hat und einen eingebauten Belichtungsmesser besitzt. Hin und wieder nutze ich aber dennoch meine Belichtungsmesser App auf dem iPhone.
Leica M6 Classic – Die Eckdaten
Die Leica M6 Classic wurde zwischen 1984 und 1998 gebaut. Die Chancen stehen also gut, dass man beim Gebrauchtkauf ein noch recht junges Exemplar kurz vor der Jahrtausendwende erhält. Laut der Seriennummer meiner M6 habe ich wohl ein Modell mit Baujahr 1995. Sie ist also noch recht jungfräulich und das sieht man Ihrem Zustand auch an. Sie ist hervorragend erhalten. Das Baujahr lässt sich anhand der Seriennummer und Vergleichstabellen im Internet unkompliziert bestimmen. Eine gute Quelle findet sich z.B. hier
Nach 1998 kam übrigens der Nachfolger der Classic auf den Markt, die Leica M6 TTL. Die beiden Hauptunterschiede sind eigentlich nur die TTL-Blitzmessung und das größere Zeitenrad, wodurch es sich etwas besser bedienen / drehen lässt. Ansonsten ist die M6 TTL baugleich zur M6 Classic.
Die Leica M6 Classic erlaubt Verschlusszeiten zwischen 1s und 1/1000s. Die Blitzsynchronisationszeit liegt bei 1/50s. Das ist verdammt wenig im Vergleich zu den heutigen Kameras, aber wer blitzt den schon mit einer Leica? Die sind doch zum Fotografieren mit Available Light und aus der Hand gebaut. Daher sitzt auch das Stativgewinde nicht in der optischen Achse, sondern ganz nah auf der rechten Seite
Der Messsucher der Leica M6 Classic besitzt eine Vergrößerung von 0,72. Modelle mit neuerem Baujahr sind auch mit einer 0,85 Vergrößerung auf den Markt gekommen. Zum Thema Messsucher an Leicas und die Vor- und Nachteile der verschiedenen Vergrößerungen werde ich hier im Blog in den kommenden Wochen auch noch einen Beitrag schreiben. Soviel vorweg: Für mein 35mm und 50mm Objektiv ist die Vergrößerung von eigentlich 0,72 perfekt, wobei ich als Brillenträger bei 35mm schon sehr genau den Messsucherrahmen bei der Bildgestaltung beachten muss, damit ich keine störenden Elemente im Bild habe. Ohne Brille habe ich absolut keine Schwierigkeiten den kompletten Rahmen zu überblicken.
Mit dem kleinen Hebel unterhalb des Messsuchers lassen sich verschiedene Rahmen im Sucher einblenden, die den Bildausschnitt bei verschiedenen Brennweiten zeigen. Ich nutze diese Funktion allerdings kaum, da ich ohnehin nur ein 35mm und ein 50mm Objektiv für die Leica M6 habe.
Das ISO-Rad auf der Rückseite der M6 Classic ist mit dem Belichtungsmesser gekoppelt. Die Leica M6 liest keine DX-codierten Filme, was auch Vorteile hat. Mein Lieblingsfilm zum Beispiel ist der Ilford HP5 (ISO 400), den ich aber in 99% der Fälle wie ISO 1.600 belichte, um bei schwachem Licht arbeiten zu können. Ich pushe den Film also um 2 Stufen und lasse ihn entsprechend vom Fachlabor belichten. Ich nutze hier meinfilmlab.de und habe bisher nur gute Erfahrungen mit dem Service und der Qualität gemacht. Eine Pushentwicklung ist meines Wissens nach mittlerweile nur noch im Fachlabor möglich und es macht ohnehin Sinn, seine Filme dort entwickeln zu lassen.
In der Praxis lege ich einfach diesen ISO 400 Film ein und drehe das ISO Rad an der M6 auf 1.600. Nun wird der Film wie ISO 1.600 belichtet und diese Einstellung bleibt auch erhalten, wenn ich einen neuen Film einlege. Bei DX-codierten Filmen ist es normalerweise so, dass eine Kamera die Codierung erkennt und automatisch den codierte ISO-Wert bei der Belichtung zu Grunde legt. Ich muss bei meiner analogen Canon EOS 5 daher immer die ISO manuell ändern, wenn ich einen neuen Film einlege, den ich pushen möchte.
Weitere Technikspielereien bietet die M6 nicht und das ist auch gut so. Fotografie wird wieder ganz auf die drei Parameter im Belichtungsdreieck, ISO, Zeit und Blende, reduziert. Das ist wirklich befreiend, wenn man die ganzen Optionen von Digitalkameras bedenkt. Denen bin ich zwar nicht abgeneigt und nutze sie auch häufig, aber von Zeit zu Zeit tut ein wenig digitale Entschleunigung einfach gut.
Der Belichtungsmesser in der Leica M6 Classic
Der Belichtungsmesser in der Leica M6 Classic misst das durch das Objektiv einfallende Licht (TTL-Messung). Filter und dergleichen werden also mit in die Messung einbezogen. Technisch wird die Belichtungsmessung über einen weißen Punkt auf dem Tuchverschluss realisiert, der das einfallende Licht zu einer Messzelle reflektiert. Schwerpunkt der Messung ist die Bildmitte, wobei es sich weder um eine klassische Mittenbetonte Messung und schon gar nicht um eine Spotmessung handelt. Die Reflexionsfläche auf dem Verschluss ist so gross, dass ich vermute, dass der Belichtungsmesser der Leica M6 Classic eher die Charakteristik einer ganzflächigen Messung hat ohne die Ecken zu berücksichtigen. Durch den toleranten Belichtungsspielraum insbesondere von Negativfilm findet man mit dem eingebauten Belichtungsmesser der Leica M6 jedenfalls schnell die passende Belichtung.
Der Belichtungsmesser der M6 zeigt allerdings keine Werte an. Die Belichtung wird durch rote Pfeile symbolisiert. Leuchtet nur der linke Pfeil rot, so muss eine längere Belichtungszeit eingestellt werden. Leuchtet der rechte Pfeil, muss eine kürzere Belichtungszeit verwendet werden. In der Praxis dreht man das Zeitenrad dabei immer entgegengesetzt der Pfeilrichtung. Leuchtet der linke Pfeil, der nach rechts zeigt, drehe ich das Zeitenrad nach links, um eine längere Belichtungszeit einzustellen und umgekehrt. Das ist auch für mich leicht zu merken und intuitiv.
Sobald der Belichtungsmesser eine ausgewogene Belichtung misst, leuchten beide Pfeile in der gleichen Intensität. Ein simples, aber genial einfaches System.
Übrigens: Wenn beide Pfeile blinken habt Ihr eine saftige Unter- oder Überbelichtung. Schaut aber zuerst einmal vorne auf Euer Objektiv. Denn da man beim Fotografieren mit der M6 durch den Messsucher schaut, passiert es nur zu leicht, dass man vergessen hat die Objektivkappe vom Objektiv zu nehmen. Kein Witz, das ist mir schon mehrfach passiert und ich lasse seitdem die Objektivkappen zuhause.
Fokussieren mit der Leica M6
Fokussieren mit einer Messsucherkamera wie der Leica M6 ist schon etwas ganz Besonderes. Lässt man sich auf diese Fokussiertechnik ein, kann man mit ein wenig Übung ähnlich schnell scharfstellen wie mit einem (älteren und langsamen) Autofokussystem. Der Einstellweg für die Scharfeinstellung ist Bauart bedingt sehr klein, so dass man mit einer etwa 90 Grad Drehung den gesamten Fokusbereich durchfahren kann. Der Messsucher selbst bleibt dabei die ganze Zeit über scharf. Scharfgestellt wird mit der Leica M6 über das Doppelbild im Sucher, das bei der Schärfeeinstellung zur Deckung gebracht wird, die beiden Bilder werden also komplett übereinander gelegt. Nun ist genau dieser Bildteil scharf. Die Fokussierung über das Doppelbild funktioniert bei horizontalen wir vertikalen Linien. Problematisch wird das Ablesen eigentlich nur bei starkem Gegenlicht. Hier hilft es dann, denn Messsucher mit der Hand etwas abzuschatten. Wobei dann diese Hand für die Scharfeinstellung fehlt…
Wo kaufe ich eine Leica M6 und was kostet sie?
Ich habe meine Leica M6 tatsächlich von Privat gekauft und wurde im DSLR-Forum fündig. Grundsätzlich ist bei Privatverkäufen aber Vorsicht geboten, da sich der Zustand aus der Ferne nie 100%ig überprüfen lässt und eine Gewährleistung oder Umtausch meistens nicht möglich ist. Bei mir ging es zum Glück gut, aber ich hatte schon ein etwas mulmiges Gefühl bis die Kamera endlich vor mir lag und auch funktioniert hat.
Eine Händler ist hier schon die bessere Wahl und erspart viel Nerven und im Schlimmsten Fall Lehrgeld. Schaut doch einmal bei Meister Kamera vorbei, die immer eine sehr gute Auswahl an Leica Messsucherkameras und Objektiven haben. Die Preise sind etwas höher als beim Privatkauf, dafür habt Ihr aber auch einen seriösen Händler, der den Zustand der Artikel absolut neutral und objektiv bewertet und angibt. Ich selbst habe dort mein 50mm Objektiv gekauft und war sehr zufrieden mit der gesamten Abwicklung und dem schnellen Versand.
Für eine gut erhaltene und funktionstüchtige Leica M6 Classic müsst Ihr ca. 1.000 – 1.500 Euro investieren. Bedenkt dabei, dass Ihr bei einer gebrauchten, analogen Leica praktisch keinen Wertverlust mehr habt. Ihr könnt eine Leica M6 also in ein paar Jahren sicherlich noch zum gleichen Preis wieder verkaufen. Wenn Ihr das denn überhaupt jemals tun solltet…
Mein Fazit zur Leica M6 Classic
Die Leica M6 Classic ist schnell eine meiner Lieblingskameras geworden und ich verwende sie gerne als Reisekamera und für die Dokumentation des täglichen Lebens unserer Familie. Ihre Stärken hat sich bei der einfachen und reduzierten Bedienung, dem guten Belichtungsmesser und der kompakten Bauweise. Auch das manuelle Fokussieren klappt mit der M6 und dem Messsucher prima.
Nachteil ist natürlich, dass man sich die Fotos nicht direkt nach der Aufnahme ansehen kann, aber gerade darin sehe ich auch einen großen Teil der Faszination für die analoge Fotografie. Es ist immer wieder spannend die Fotos aus dem Labor wieder zu bekommen und sich die Bilder das erste Mal anzusehen.
Der hohe Anschaffungspreis der Leica M6 wird durch den stabilen Werterhalt meiner Meinung nach wieder aufgehoben. Ich habe die Ausgabe meiner Frau mit “angelegtem Kapital” erklärt
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“Sobald der Belichtungsmesser eine ausgewogene Belichtung misst, leuchten beide Pfeile in der gleichen Intensität. Ein simples, aber genial einfaches System. Übrigens: Wenn beide Pfeile leuchten habt Ihr eine saftige Unter- oder Überbelichtung.”
Ich stehe irgendwie auf denn Schlauch 😀
Wie meinst du das?
Hi Tim,
der letzte Teil des Zitats ist natürlich Quatsch. Es müsste heissen: “…, wenn beide Pfeile blinken, habt Ihr eine saftige Unter- oder Überbelichtung.”
Gruß,
Dominik