Schärfe, Schärfenebene und Schärfentiefe – einfach erklärt

Grafik zum Verlauf der Schärfentiefe

Der Begriff der Schärfe wird wohl für die meisten Fotografen verständlich sein, aber bei der Schärfenebene und der Schärfentiefe gibt es bei vielen immer noch reichlich Verwirrung. Das merke ich vor allem dann, wenn ich mich mit Fotografen unterhalte, die noch am Anfang stehen. Mir ging das ganz genauso und ich muss zugeben, dass ich ziemlich lange gebraucht habe, um Schärfe, Schärfentiefe und Schärfenebene wirklich zu verstehen. Informationen habe ich mir damals in Fachbüchern angelesen, die leider oft viel zu umständlich geschrieben waren. Ich will daher in diesem Blogbeitrag einmal versuchen die drei Begriffe möglichst einfach zu beschreiben.

 

Schärfe

Die Schärfe in der Fotografie ist wohl jedem ein Begriff und wird von den meisten gut verstanden. Jeder wird ein Foto auf dem Details im Hauptmotiv oder auch anderen Bildteilen gut erkennbar sind, als scharf bezeichnen. Genauer gesagt sprechen wir in der Fotografie meistens von der sogenannten Kantenschärfe. Je abrupter der Übergang von hell nach dunkel an den Kanten im Bild ist, desto schärfer empfinden wir diesen Bildteil. Zoomt einmal in ein scharfes Foto am PC und Ihr werdet erkennen, dass die Kantenübergänge in den unscharfen Bereichen eher weich und fließend sind und nicht so abrupt wie in den scharfen Bereichen.

Scharfes Foto einer Stadtlandschaft mit großer Tiefenschärfe

Scharfe Fotos mit großer Schärfentiefe sind das Ziel vieler Fotografen

Die meisten Autofokussysteme unserer Kameras stellen übrigens auf Basis der Kantenschärfe die Schärfe ein, daher ist es wichtig beim Fotografieren und Scharfstellen das AF-Feld auf einen Bereich mit einer Hell-Dunkel-Kante zu richten oder einer deutlich unregelmäßigen Oberfläche. Ansonsten wird es für die Kamera schwierig wirklich genau die Schärfe einzustellen. Versucht mal auf einen blauen Himmel scharfzustellen.

Der subjektiv empfundene Schärfeeindruck ist übrigens bei einer kleineren Darstellung von Fotos (zum Beispiel als klein gedrucktes Foto oder auf einem kleinen Display oder Bildschirm) stärker. Das heisst ein leicht unscharfes Fotos sieht bei einer kleineren Darstellung noch scharf aus, während es bei einer deutlichen Vergrößerung, zum Beispiel als großer Print, sofort als unscharf erkannt wird. Da die Schärfe so stark von den Hell-Dunkel-Kanten abhängt, kann sie durch das Anheben des Kontrasts im Foto etwas verstärkt werden. Der Schärfeindruck ist darüberhinaus aber auch von der Auflösung der Kamera abhängig. Eine höher auflösende Kamera wird immer ein Foto ergeben, das subjektiv schärfer im Vergleich zu einem Foto mit niedrigerer Auflösung wahrgenommen wird, bei gleicher Betrachtungsgröße.

 

Grafik zur Darstellung der Schärfenebene

Die Schärfenebene verläuft parallel zum Bildsensor oder Film in der am Objektiv eingestellten Entfernungseinstellung

 

Schärfenebene

Die Schärfeneben verläuft immer parallel zum Kamerasensor oder Film. Alle Punkte, die auf der Schärfenebene liegen, werden scharf abgebildet. Halten wir die Kamera zum Beispiel horizontal, verläuft die Schärfenebene in einer Linie senkrecht zum Boden (parallel zum Kamerasensor). Über die Scharfeinstellung am Objektiv wird nun im Prinzip einfach der Abstand der Schärfenebene zum Kamerasensor eingestellt. Es handelt sich also vereinfacht gesagt um eine Entfernungsmessung. Daher resultieren auch die Skalenwerte auf der sogenannten Schärfentiefenskala. Diese gehen in der Regel von der Naheinstellgrenze, also dem kürzesten Abstand von Kamerasensor zum Motiv für ein noch scharfes Fotos, bis Unendlich.

Makroaufnahme der Schärfentiefenskala an einem manuellen Objektiv

Schärfentiefenskala an einem manuellen Objektiv

Alles was sich in der eingestellten Entfernung und parallel zum Kamerasensor befindet, also alle Punkte auf der Schärfenebene, wird auf dem Foto scharf dargestellt.

Bei speziellen Objektiven mit einer sogenannten Tilt-Funktion (Tilt-Shift-Objektiven) oder bei einigen Großformatkameras kann die Schärfenebene gekippt werden und läuft somit nicht mehr parallel zum Bildsensor. Das ist hilfreich in der Landschaftsfotografie oder wenn eine surreale, punktuelle Schärfe gewünscht ist. Das ist beispielsweise beim Miniatureffekt gewollt. Jetzt wird es aber schon wieder zu speziell und verwirrend, daher vergesst Ihr am besten diesen Abschnitt gleich wieder.

Grafik mit Tiefenschärfe und Schärfenebene

Die Schärfentiefe verläuft von vor bis hinter der eingestellten Entfernungseinstellung/Scharfeinstellung am Objektiv

Schärfentiefe

Die Schärfentiefe wird in vielen Büchern über die Fotografie mit dem Zerstreuungskreis erklärt, was physikalisch sicherlich korrekt ist, aber bei vielen zurecht zu Verwirrung führt.

Einfach gesagt ist die Schärfentiefe im Grunde der Bereich vor und hinter der Schärfenebene, der auf einem Foto noch als scharf wahrgenommen wird. Die Entfernung zur Schärfenebene wird hierbei immer senkrecht, also rechtwinklig, zur Schärfenebene gemessen. Die größte messbare Schärfe wird aber immer auf der Schärfenebene in der eingestellten Entfernung liegen. In der Praxis ist das aber nicht wirklich relevant und wir können mit der Schärfentiefe zum Bespiel in der Landschaftsfotografie sehr gut arbeiten.

Foto von kleiner und großer Blendenöffnung zur Darstellung der Tiefenschärfe

Eine kleine Blendenöffnung ergibt eine große Tiefenschärfe, eine große Blendenöffnung ergibt eine geringe Tiefenschärfe

 

Die Schärfentiefe ist vor allem von der Blende und der Brennweite abhängig, aber auch vom Abbildungsmassstab und der Sensorgröße.

Eine kleine Blende, wie f2, und somit große Blendenöffnung ergibt eine geringe Schärfentiefe
Eine große Blende, wie f16, und somit kleine Blendenöffnung ergibt eine große Schärfentiefe

Bei gleicher Blende ist die Schärfentiefe ausserdem bei einer kürzeren Brennweite größer als bei einer längeren Brennweite. Ein Weitwinkelobjektiv besitzt bei f8 schon eine sehr große Schärfentiefe, wohingegen dieselbe Blende bei einer langen Telebrennweite (z.B. Canon EF 100-400mm L USM) nur eine sehr geringe Schärfentiefe ergibt.

Bei gleicher Blende ist die Schärfentiefe bei einem großen Abbildungsmassstab geringer als bei einem normalen Abbildungsmassstab. Daher muss in der Makrofotografie für eine große Schärfentiefe auch sehr weit abgeblendet werden.

Bei gleicher Blende ist ausserdem die Schärfentiefe geringer, je größer der Bildsensor oder das Filmformat ist. Daher haben die kleinen Kompaktkameras mit kleinem Sensor auch eine so große Schärfentiefe. Mit einer DSLR-Kamera mit Vollformatsensor kann somit also wesentlich besser „freigestellt“ werden, als mit einer APS-C oder MfT-Kamera. Die Freistellung wird ja bekanntlich durch eine geringe Schärfentiefe erreicht.

Freigestelltes Portrait mit geringer Tiefenschärfe

Mit einer kleinen Blende (großer Blendenöffnung) und einem Teleobjektiv lässt sich wunderbar freistellen. Der Effekt wird durch eine geringe Tiefenschärfe erzielt.

Interessant ist vielleicht auch noch, dass die Schärfentiefe etwa von 1/3 vor der Schärfeneben bis 2/3 hinter der Schärfenebene verläuft. Stelle ich die Kamera zum Beispiel auf 5 Meter ein und eine bestimmt Blende, ist auf dem späteren Foto zum Beispiel alles zwischen 4 Meter und 7 Meter vor der Kamera scharf (1m vor der 5m Einstellung und 2m dahinter). Stellt man daher einfach immer die Kamera auf „Unendlich“, werden näher liegende Bildteile unscharf abgebildet, obwohl man für eine große Tiefenschärfe weit abgeblendet hat.

Grafik zum Verlauf der Schärfentiefe

Die Tiefenschärfe verläuft zu 1/3 vor und zu 2/3 hinter der am Objektiv eingestellten Entfernungseinstellung.

In der Makrofotografie, also bei großen Abbildungsmassstäben, verhält es sich allerdings wieder etwas anders. Die Schärfentiefe liegt hier gleichmäßig vor und hinter der Schärfenebene, also der eingestellten Entfernung auf der Schärfenskala am Objektiv.

Urselbach oberhalb von Oberursel im Taunus mit Schnee, Moos und Laub, Hessen, Deutschland

Zusammenfassung

Schärfe in der Fotografie ist primär Kantenschärfen und wird subjektiv bei höherem Kontrast an den Hell-Dunkel-Kanten stärker wahrgenommen.


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Die Schärfenebene verläuft parallel zum Kamerasensor in der am Objektiv eingestellten Entfernung.

Die Schärfentiefe verläuft senkrecht zur Schärfenebene und somit auch dem Bildsensor und ist der Entfernungsbereich vor der Kamera, der scharf abgebildet wird. Je größer die eingestellte Blende und je kleiner der verwendete Bildsensor oder Film und die verwendete Brennweite sind, desto größer ist die Schärfentiefe und umgekehrt.

 

Meeresbucht mit Sand am Meeresgrund und türkisblauem Wasser in der Nähe der Höhle Cova dels Pardals bei Son Xoriguer, Menorca, Spanien

 

 

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