Geht das überhaupt, das iPhone als Belichtungsmesser? Mit den richtigen Belichtungsmesser Apps bestimmt. Damit ist das iPhone der ideale Belichtungsmesser: Handlich, klein und immer mit dabei.
Technisch bereitet die Belichtungsmessung mit dem iPhone keine großen Schwierigkeiten. Die eingebauten Kameras müssen ja auch irgendwie die richtige Belichtung finden.
Sucht man im App-Store nach Belichtungsmesser Apps oder Light Meter Apps findet man gleich eine ganze Latte an Apps, die versprechen das iPhone als Belichtungsmesser einsetzen zu können. Einige davon habe ich mir näher angesehen und möchte Euch von meinen Erfahrungen berichten.
Vorneweg: ich besitze das Belichtungsmessgerät SEKONIC L-478DR Litemaster Pro, das eine ganze Palette an Features bietet, die das iPhone als Belichtungsmesser natürlich niemals leisten kann, wie die Blitzbelichungsmessung oder das drahtlose Auslösen meiner PocketWizards. Wenn ich hier von diesem Gerät erzähle, dann nur weil ich super gerne damit arbeite und es bedenkenlos weiterempfehlen kann. Meinen Sekonic Belichtungsmesser habe ich für die Messungen mit den Apps als Referenz genommen, um die Leistungsfähigkeit der einzelnen Belichtungsmesser Apps zu beurteilen.
Generell unterscheidet man bei der Belichtungsmessung in die zwei Messmethoden Objektmessung und Lichtmessung. Da praktisch alle Belichtungsmesser Apps auf eine der Kameras im iPhone zurückgreifen, ist ohne weiteres Zubehör also nur die Objektmessung möglich, d.h. die Messung des von einem Objekt reflektierten Lichtes. Die Lichtmessung mit dem iPhone ist nur mit Zubehör möglich, wie dem LUXI Kalottendiffusor für die iPhone Front-Kamera oder der LUMU Messkalotte für den Kopfhöreranschluss.
Über die Frage nach der Bestimmung der richtigen Belichtung habe ich übrigens in diesem Beitrag berichtet.
Welche Belichtungsmesser Apps gibt es nun für das iPhone?
Bei meiner Auswahl habe ich mich auf kostenlose Belichtungsmesser Apps konzentriert. Vorgestellt werden nur die Apps, die ich auch selbst getestet habe. Die Liste erhebt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
LUXI App
Die LUXI App ist eigentlich für den Einsatz mit dem LUXI Kalottendiffusor entwickelt worden, funktioniert erfreulicherweise aber auch ohne diesen. Mit aufgesetzter Messkalotte beherrscht die App allerdings (als eine von zwei mir bekannten) sogar die Lichtmessung. Ohne den LUXI Kalottendiffusor misst die App, wie alle hier vorgestellten kostenlosen Belichtungsmesser Apps, über die Kamera des iPhones quasi per “Spotmessung” das vom Motiv reflektierte Licht (Objektmessung). Das Messfeld ist im Vergleich zu einer richtigen Spotmessung allerdings sehr groß.
Die Luxi App misst die Belichtung sehr schnell, fast so schnell wie mein Sekonic Belichtungsmesser. Die Belichtungsmessung ist tatsächlich so schnell, dass ich empfehle für die Messung die “Hold”-Taste zur Belichtungsspeicherung zu drücken. So “friert” die Anzeige ein und die Werte können in Ruhe abgelesen werden.
Der Messbereich für die Belichtungszeit liegt zwischen 32s und 1/16.000s. Zeiten über 1/3 werden allerdings teilweise komisch dargestellt, z.B. “5/8s”. Da gibt es noch Verbesserungspotential.
Ansonsten ist die App wirklich sehr gut gelungen, schnell und leicht zu bedienen.
Pocket Light Meter App / Luxmeter App
Die Pocket Light Meter App (Luxmeter App) ist ebenfalls für die Verwendung mit der LUXI Diffusorkalotte geeignet, beherrscht aber wie die LUXI App auch die Objektmessung (Reflektionsmessung) über die iPhonekamera. Das Messfeld ist deutlich kleiner als bei der LUXI App, was mir persönlich sehr gut gefällt.
Der Messbereich reicht von Blende 1 bis Blende 512 und von 1/8000s bis 32s. Das sollte für die meisten Aufnahmesituationen reichen. Die Empfindlichkeit lässt sich bis max. ISO 102.400 einstellen. Aber da muss ich mich fragen, wer das wirklich braucht bzw. einsetzt.
Die Pocket Light Meter App (Luxmeter App) besitzt unglaublich viele Einstellmöglichkeiten und kann über eine Belichtungskorrektur bei Messung auf eine Graukarte kalibriert werden.
Richtig gut gefallen hat mir bei der Luxmeter App (Pocket Light Meter App) die Möglichkeit, die Farbtemperatur in Kelvin zu messen und nach der Messwertspeicherung die Werte für ISO, Zeit und Blende beliebig shiften zu können bei gleichzeitiger automatischer Berechnung der beiden anderen Werte. Ausserdem verfügt die App über einen Video-Modus, der die Messung der Belichtungszeit für Filmaufnahmen erlaubt.
Das iPhone als Belichtungsmesser ist mit der App sehr gut einhändig zu bedienen.
Negativ aufgefallen ist mir die etwas langsame Messgeschwindigkeit. Hier geht bestimmt noch mehr und ich hoffe der Entwickler wird die Performance mit einem der nächsten Updates verbessern.
LUMU Belichtungsmesser Apps
Alle LUMU Apps (LUMU Photo, LUMU Pinhole und LUMU Video) sind kostenlos, allerdings benötigt man den LUMU Belichtungsmesseraufsatz für das iPhone, um die Apps wirklich voll nutzen zu können. Der Aufsatz ist mit derzeit 179,- relativ teuer. Zum Vergleich: der GOSSEN Digisix2 Belichtungsmesser kostet neu aktuell nur 149,- .
Trotzdem lässt sich mit der LUMU Photo App und dem LUMU Aufsatz das iPhone als Belichtungsmesser gut einsetzen, da man das iPhone ja praktisch eh immer dabei hat und nur den kleinen Aufsatz zusätzlich mitnehmen muss.
Die LUMU Photo App funktioniert- eingeschränkt – allerdings auch ohne den LUMU Light Meter Aufsatz. Das Messfeld ist erstaunlich klein und hat fast den Charakter eines Spotbelichtungsmessers. Leider gibt es keine Möglichkeit der Messerspeicherung.
Gut finde ich die intuitive Bedienung, die problemlos mit einer Hand klappt.
Die Messung erfolgt in Drittelstufen und in einem Bereich von 1/8000 und 120s, das ist üppig.
Bei der ISO ist allerdings bei 25600 Schluss, aber ich finde das ist mehr als genug.
Die Belichtungsmessung ist etwas langsamer als bei der LUXI App.
Die Einstellmöglichkeiten, die Bedienung und die Geschwindigkeit der LUMU Photo App haben mich sehr beeindruckt und ich überlege mir ernsthaft, ob ich nicht doch so einen LUMU Aufsatz benötige…
Light Meter App
Im Gegensatz zu den bisher vorgestellten Belichtungsmesser Apps besitzt die Light Meter App ein sehr großes Messfeld. In der App wird quasi das komplette Bild der Kamera als Messfeld berücksichtigt, wir haben somit eher eine Matrixmessung als eine Spotmessung. Die Belichtungsmessung in der Light Meter App erfolgt ziemlich langsam, kann dafür aber durch einfaches Antippen des Bildschirms gespeichert werden.
Die Werte für Blende, ISO & Zeit lassen sich sowohl durch einen Schieber, als auch per + und – Tasten einstellen. Der Messbereich für die Belichtungszeit geht von 1/8000s bis 60s. Eine Belichtungskorrektur ist möglich. Insgesamt ist die Bedienung der Light Meter App sehr gewöhnungsbedürftig und etwas kompliziert. Komisch ist auch die Verteilung der (nicht verstellbaren) Einstellstufen bei ISO, Zeit und Blende. Die Belichtungszeit wird lediglich in ganzen Blenden angezeigt, die Blende in halben Stufen und die ISO dann wiederum in Drittelstufen. Sehr merkwürdig. Trotzdem tut die App was sie soll und misst zuverlässig die Belichtung.
LUX App
Wie schon die Light Meter App, misst auch die LUX Belichtungsmesser Apps mit einem sehr großen Messfeld. Auch hier wird das komplette Kamerabild für die Messung berücksichtigt.
Blende, Zeit und ISO lassen sich in ganzen, halben und Drittel-Stufen einstellen. Die Einstellung der Werte ist sehr innovativ gelöst und erfolgt über einen Slider.
Leider ist bei der Lux App keine Belichtungsspeicherung möglich. Schade, denn auch wenn die App die Belichtung sehr langsam misst, funktioniert sie dennoch sehr zuverlässig und gut. Gut gefallen hat mir die sehr klare und strukturierte und hierdurch leicht ablesbare Benutzeroberfläche.
myLightMeter App
Die Belichtungsmesser App myLightMeter ist in vielerlei Hinsicht anders als die bisher vorgestellten Apps. Der Vintage-Look der App erinnert an einen alten Belichtungsmesser. Und auch die Einstellmöglichkeiten und das Ablesen der Messwerte sind ganz “wie früher”.
Einfach gesagt gibt man bei dieser Belichtungsmesser Apps die ISO vor (in Drittelstufen) und misst dann über ein zentrales Messfeld mit Weitwinkelausschnitt die Belichtung. Anschliessend können auf einer Skala die passenden Zeit-Blenden-Kombinationen abgelesen werden. Das ist bei den einfachen Handbelichtungsmessern mit Selen Fotozelle tatsächlich genauso.
In der Praxis ist das sehr praktisch und hat den Vorteil, dass man nur eine Messung durchführen muss und dann direkt alle Zeit-Blenden-Kombinationen auf einen Blick ablesen kann.
Die Belichtungsmessung mit der myLightMeter App erfolgt erstaunlich schnell, erreicht aber nicht das Niveau der Luxi und Lumu Belichtungsmesser Apps.
Leider geht der Messbereich nur bis 30s, beginnt dafür aber schon bei 1/8000s.
Insgesamt gefällt mir diese App sehr gut und wäre mein (Design)Favourit, wenn Sie mit der Luxi-Messkalotte funktionieren würde.
iPhone als Belichtungsmesser – Apps kalibrieren
Vor der ersten Verwendung sollte jede der Belichtungsmesser Apps erst einmal kalibriert werden. Hierzu benötigt man eine einfache Graukarte, alternativ auch eine homogene, annähernd neutralgraue Fläche wie die Handinnenfläche. Nun misst man mit der Spotmessung seiner Kamera die Graukarte an und notiert sich die Werte für ISO, Zeit und Blende.
Anschliessend öffnet man die Belichtungsmesser App und richtet das Messfeld auf die Graukarte aus. Dabei sollte man berücksichtigen, dass die tatsächlich erfasste Messfläche bei den meisten Apps größer ist als das angezeigte Messfeld. Die Belichtungskorrektur in der der Belichtungsmesser App wird nun solange verstellt, bis bei der Mesung auf die Graukarte die gleichen Werte in der App wie in der Kamera angezeigt werden.
Ich habe die Kalibrierung in der LUXI App auch probehalber mit der LUXI Diffusorkalotte und meinem Handbelichtungsmesser durchgeführt und kam in beiden Fällen (Spotmessung auf Graukarte und Lichtmessung mit Diffusorkalotte) auf eine Einstellung von -1,6 EV.
Kalibriert sind die gemessenen Werte bei allen Belichtungsmesser Apps sehr nahe an den Ergebnissen meines Sekonic Belichtungsmessers. Die Abweichungen lagen bei max 1/3 Blende. Das ist zu verkraften.
Meine Empfehlung für gute Belichtungsmesser Apps für das iPhone
Wenn die Performance der Pocket Light Meter App (Luxmeter App) annähernd die Messgeschwindigkeit der LUMU oder LUXI App erreichen würde, wäre sie meine Top-Empfehlung. So verwende ich meistens die LUXI App ohne oder zusammen mit dem LUXI Kalottendiffusor, wenn es schnell gehen muss. Auch die LUMU App gefällt mir wirklich sehr gut und ich überlege mir ernsthaft probehalber einen solchen Aufsatz für mein iPhone zu kaufen.
Ohne jeden Aufsatz und wenn ich lediglich eine einfache Belichtungsmessung durchführen möchte, verwende ich auch sehr gerne die myLightMeter App. Ja, auch wegen dem Stylefaktor, aber vor allem wegen der einfachen Ablesbarkeit der korrespondierenden Zeit-Blenden-Paare.
Sobald ich aber komplexere Messungen durchführen muss, ernsthaft zum Fotografieren losziehen oder gar meine Blitze manuell ausmessen möchte, greife ich lieber weiterhin zu einem richtigen Hand-Belichtungsmesser. Da kann einfach keine der vorgestellten Belichtungsmesser Apps mithalten.
Das iPhone als Belichtungsmesser – auch mit noch so guter App – wird also mein Sekonic nicht ersetzen. Bei einer einfachen Belichtungsmessung ist das iPhone mit den richtigen Belichtungsmesser Apps aber fast gleichwertig einzusetzen – zumindest vom Ergebnis her.
Dank Dir für diesen Artikel!
Ich hab grad endlich ein iphone gekauft, und hatte schon lange die Idee, so eine Beli-Messer-App draufzupacken. Die Auswahl war dank Deiner Beschreibungen dann recht einfach. Ich bin dann nach ein paar Pannen beim Pocket Lightmeter bzw. Luxmeter gelandet, schon wegen der wunderbaren Einstellmöglichkeiten.
Irgendeine Idee ob es auch eine Möglickeit für Blitzbelichtungsmessung gibt? ich könnte nichts finden. BTW Lumu funktioniert bei mir sehr gut.
Hallo Ernst,
bisher habe auch ich keine App gefunden, mit der es möglich ist eine Blitzlichtmessung durchzuführen. Hierfür benutze ich meinen Sekonic Handbelichtungsmesser. Die Apps sind meiner Meinung nach eher eine schnelle, kompakte Lösung, wenn man Dauerlicht messen will.
In diesem Jahr werde ich wieder mehr analog fotografieren und genau dafür sind die Belichtungsmesserapps perfekt. Denn viele alte Analogkameras haben keinen Belichtungsmesser eingebaut oder die Werte sind zu ungenau.
Viele Grüße
Dominik