An praktisch allen älteren manuellen Objektiven und teilweise auch modernen AF-Objektiven findet man sie noch: die Schärfentiefenskala.
Meine alten Canon FD-Objektive haben sie und auch mein 14mm Fujinon für die X-Pro 1.
Doch für was ist die Schärfentiefenskala eigentlich da? Und wie arbeite ich mit Ihr?
Durch einen Kommentar in meinem letzten Blogbeitrag zur Street Photography wurde mir bewusst, dass viele mit der Schärfentiefenskala an Objektiven nicht mehr wirklich etwas anfangen können. Gleichzeitig verwenden immer mehr Fotografen ältere, manuelle Objektive mit Adapter an Ihren DSLRs und spiegellosen Systemkameras. Daher versuche ich das mal zu erklären.
Vorneweg: das Arbeiten mit der Schärfentiefenskala ist für die Street- und Reportagefotografie extrem hilfreich und in der Landschaftsfotografie lässt sich mit ihr leicht eine große Schärfentiefe erzielen.
Aber zurück zur Schärfentiefenskala
Bei Objektiven mit Schärfentiefenskala finden wir zwei Skalen, die gegeneinander verdreht werden können. Auf der einen Skala befindet sich eine Markierung, an der die sogenannte Entfernungseinstellung abgelesen wird. Meist ist die Markierung ein Strich. Rechts und links von diesem Strich sind Blendenzahlen abgedruckt, z.B. 2.8, 4, 5,6, 8, usw, die ebenfalls eine kleine Ablesemarkierung besitzen.
Am Fokussierring des Objektives (bei meinen Canon FD-Linsen; bei anderen Herstellern kann das verschieden sein) befindet sich eine zweite Skala, die gegen die erste verdreht werden kann. Auf dieser Skala finden wir die Entfernungsangabe in Meter (m) und Fuß (ft), sowie die sogenannte Unendlichkeitseinstellung. Das ist das Symbol ganz rechts nach der Angabe 3m/10ft.
Wer manuell fokussiert, schaut in der Regel durch den Sucher oder auf das Display und stellt das Bild so scharf. In diesem Fall liegt die Schärfe exakt auf dem anvisierten Motiv. Das ist dann der Punkt bzw. die Entfernung zur Kamera, an dem der Schärfeeindruck am größten ist. Der Schärfeverlauf ist ja nie abrupt, sondern verläuft an beiden Enden je nach eingestellter Blende mehr oder weniger sanft aus.
Befindet sich das Motiv also z.B. 3 Meter von der Kamera entfernt, können wir jetzt diese Entfernung an der Schärfentiefenskala ablesen. Wir haben sozusagen eine Entfernungsmessung mit unserem Objektiv vorgenommen.
Eine Anzeige der Entfernungseinstellung haben übrigens praktisch alle Objektive, die sich auch manuell fokussieren lassen, auch viele moderne Objektive mit Autofokus.
Auf der Schärfentiefenskala können wir nun auch noch den Bereich der sogenannten Schärfentiefe ablesen und zwar auf der Skala mit der Ablesemarkierung (dem Strich). Haben wir z.B. Blende 8 eingestellt ist der Bereich scharf, der sich zwischen der linken und rechten Markierung mit Blende 8 befindet. Das ist die sogenannte Schärfentiefe, die im Bild oben von ca. 1,5 Metern bis Unendlich reicht. Jedes Motiv, das sich also im Bereich von 1,5m bis Unendlich vor der Kamera befindet wird für das menschliche Auge auf dem späteren Foto scharf abgebildet. Ausser im Nahbereich verläuft die Schärfentiefe von etwa 1/3 vor bis 2/3 hinter der eingestellten Entfernung. Im Nah- und Makrobereich ist die Gewichtung 1:1.
Schauen wir uns nochmal das erste Foto an. Hier ist auf ein Motiv in 1 Meter Entfernung scharf gestellt:
Bei Blende 8 ist bei dieser Schärfeeinstellung also nur der Bereich von etwa 0,8 Metern bis 1,5 Metern vor der Kamera scharf. Die Schärfentiefe hat also gegenüber der Einstellung auf 3 Metern deutlich abgenommen. Und das bei einem 24mm Objektiv, das als Weitwinkelobjektiv generell eine große Schärfentiefe besitzt. Bei einem 50mm-Objektiv wäre beispielsweise der Unterschied noch größer.
In der Street Fotografie und Reportagefotografie können wir mit der Schärfentiefenskala wunderbar mit der Fokussierung im sogenannten Zonensystem arbeiten. Hierbei wird vor der Aufnahme (manuell) eine bestimmte “Zone” scharf gestellt. Wissen wir, dass sich die Motive in einem Bereich von z.B. 1,5 – 3 Meter vor der Kamera befinden und wollen wir mit Blende 4 arbeiten, stellen wir die entsprechende Blende in der Kamera und die passende Entfernungseinstellung mittels der Schärfentiefenskala ein. Hierbei wir dann nicht mehr die Entfernung an der Markierung abgelesen, sondern der jeweilige Beginn und das Ende des Schärfeverlaufs an den Blendenmarkierungen auf der Schärfentiefenskala. Verwirrend, aber eigentlich ganz einfach:
Bei der Landschaftsfotografie möchte man hingegen häufig eine maximale Schärfentiefe erzielen. Hier arbeitet man dann nach Möglichkeit mit der Einstellung auf die Hyperfokale Entfernung bzw. Distanz, die man an der Schärfentiefenskala ablesen kann. Praktisch gesehen stellt man die Hyperfokale Distanz (Entfernung) ein, indem man auf der Skala mit den Blenden mit der einen Markierung auf Unendlich einstellt. Die andere Blendenmarkierung zeigt dann den Beginn der Schärfentiefe an.
Hallo
Ich habe das Arbeiten mit der Schärfentiefenskala schon sehr gut Verstanden. Ich war nur verblüfft wegen dem Fuji XF 14 mm.
Das wird übrigens mein nächstes Objektiv sein.
Trotzdem schöner Beitrag und sehr gut erklärt.
Gruß Sebastian
Hallo Sebastian,
ich wollte Dir nichts unterstellen
Danke, guter Artikel. Das Prinzip kannte ich. Was ich mich frage: wozu ist die rote Markierung, bei manchen alten Optiken auch ein R, auf der Tiefenschärfenscala? Gruß, Jan
Hallo Jan,
Danke! Das R oder der rote Strich ist die Ablesemarkierung bzw. die Schärfentiefenskala für die Infrarotfotografie.
Hierbei ist die Schärfentiefe nämlich im Vergleich zum “normalen” Wellenlängebereich des sichtbaren Lichts versetzt.
Hoffe das hilft Dir etwas weiter.
Viele Grüße,
Dominik
Hallo,
wird bei einer modernen digitalen Kamera, bspw. Nikon D 850,
die Schärfentiefe elektronisch angezeigt, also bspw. Nah- und Fernpunkt.
Viele Grüße
Hans
Hallo Hans,
herzlichen Dank für Deinen Kommentar. Bitte entschuldige meine späte Rückmeldung auf Deine Frags:
Meines Wissens nach wird bei einer DSLR die Schärfentiefe nicht elektronisch angezeigt, wohl aber bei einigen Systemkameras, wie meinen Fuji X Kameras. Allerdings muss ich sagen, dass zumindest hier die Anzeige völlig unbrauchbar ist, sprich, sie zeigt die Schärfentiefe nicht korrekt an. Es bleibt also nur die Verwendung von Objektiven mit Schärfentiefenskala oder das Berechnen der Schärfentiefe bei einer bestimmten Blende und Entfernungseinstellung. Hierfür gibt es einige sehr gut funktionierende Apps, z.B. PhotoBuddy, die ich in diesem Blogartikel vorgestellt habe.
Viele Grüße,
Dominik
Hallo Dominik,
vielen Dank.
Selbst bei den meisten Objektiven ist die mechanische Anzeige weggefallen. Und gerade wenn man mit Monitor arbeitet, ist eine genaue Beurteilung der Tiefenschärfe eigentlich nicht möglich.
Betreffs Berechnung der Schärfentiefe, ich habe selbst verschiedene Programme, die unter Excel mit Nutzung von VBA laufen. Falls Interesse, bitte sagen.
Warum das nicht in zumindest teuren Kameras realisiert wird, wer weiß. Daß aber Fuji Film so etwas nicht sauber hinkriegt, ist
unklar.
Viele Grüße
Hans
Hallo Dominik,
mittlerweile habe ich weiter recherchiert. Daß Fuji Film das nicht hinkriegt, stimmt so nicht. Schärfe ist Definitionssache, und damit natürlich auch Schärfentiefe. In der Formel für die hyperfokale Entfernung gibt es die Größe N, der Einfluß auf die Schärfe ist proportional. Ich rechne noch mit N=1500, das rührt aber aus einer Zeit, wo 1368 x 768 Pixel für einen Monitor üblich waren (Diagonale etwa 1500). Ich nehme an, daß Fuji Film da moderner rechnet, also bspw. mit einem Wert N=3000 oder höher. Ich betreibe jetzt seit reichlich 1 Jahr einen 4k-Monitor 27 Zoll, mittlerweile bin ich überzeugt, daß das, was Fuji da neuerdings macht, angemessen ist.
Viele Grüße
Hans