Nur mit dem 50mm Objektiv in den Sommerurlaub? Für viele wohl eine Horrorvorstellung.
Warum eine so reduzierte Ausrüstung?
Ich bin eigentlich ein großer Fan von Zoom-Objektiven, speziell bei meinen Hochzeitreportagen. Sie erlauben mir ein schnelles Reagieren auf unvorhergesehene Situationen und ich kann mit zwei intelligent gewählten Zooms an zwei Gehäusen (z.B. 24-70mm und 70-200mm) praktisch den ganzen Tag unbeschwert fotografieren, ohne ein einziges Mal ein Objektiv wechseln zu müssen. Trotzdem liebe ich Festbrennweiten wegen ihrer meist sehr guten optischen Qualität und der Reduktion auf eine bestimmte Bildwirkung. Und gerade diese Reduktion auf eine Brennweite zwingt, sich besonders intensiv mit dieser auseinanderzusetzen. Ich empfehle wirklich jedem einmal eine Weile mit nur einer Brennweite auskommen zu müssen. Das lässt sich übrigens auch mit einem vorhandenen Zoom realisieren, genügend Selbstdisziplin vorausgesetzt. Nach diesem Experiment werdet Ihr ziemlich sicher die entsprechende Brennweite intuitiv einsetzen können und wisst in welchen Situationen Ihr wie mit Ihr arbeiten könnt und wie die Bildwirkung durch diese Brennweite ist.
Weitwinkel oder Telebrennweiten erzeugen alleine schon durch ihre charakteristische Bildwirkung eine ganz spezielle Bildwirkung. Weitwinkel betonen den Vordergrund, Tele komprimieren den Hintergrund und erlauben es ein Motiv freizustellen. Ich liebe die Wirkung beider Brennweiten und wähle auch an meinen Zooms, schon bevor ich die Kamera ans Auge nehme, je nach Situation die passende Brennweite.
Bei meiner diesjährigen Texel-Reise wollte ich jedoch erfahren, was sich mit einem (lichtstarken) Normalobjektivs so alles anstellen lässt. Normal ist diese Brennweite tatsächlich. Sie zeigt uns die Welt in etwa so, wie wir sie mit unseren Augen wahrnehmen. Eigentlich langweilig und gewohnt, oder? Gerade die doppelte Reduktion, d.h. nur eine Brennweite und dann noch nur ein Normalobjektiv ohne die besondere Bildwirkung eines Tele oder Weitwinkel, reizte mich jedoch ganz besonders.
Eine Brennweite von 50mm (bzw. 32-35mm bei APC-Sensoren mit 1,4-1,7x Crop) stellt ein Motiv etwa so dar, wie es das menschliche Auge wahrnimmt. Das bedeutet, dass das Motiv weder vergrößert, noch verkleinert dargestellt wird.
50mm Objektive waren in der analogen Zeit das Standardobjektiv bei vielen Fotografen und wurden häufig im Set mit den Kameragehäusen verkauft. Heute nutzen viele Fotografen die im Reportagestil arbeiten dieses Objektiv als neutralen Beobachter, z.B. in der Street- und Hochzeitsfotografie. Für uns hat die 50mm Brennweite einen weiteren Vorteil, sie ist verhältnismäßig leicht zu berechnen und günstig zu produzieren. Wir erhalten hier für unser Geld hochwertige optische Qualität und eine sehr hohe Lichtstärke. Ein Canon EF 50mm / f1.4 z.B. kostet am Markt derzeit etwa 340,- Euro, besitzt eine super hohe Lichtstärke und kann problemlos bei Offenblende benutzt werden. Das Objektiv verfügt über einen schnellen & leisen Ultraschallmotor (USM) und die Frontlinse dreht sich beim Fokussieren nicht mit. Das hat Vorteile beim Verwenden eines drehbaren Filters, z.B. eines Polfilters. Vergleichbare Objektive gibt es auch bei den anderen Kameraherstellern. Geht man bei der Lichtstärke “Kompromisse” ein, so erhält man z.B. das Canon EF 50mm/f1.8 schon für 100.- Euro, ein unschlagbarer Preis.
Auch ich liebe diese Brennweite und arbeite bei meinen Hochzeiten sehr viel mit ihr. Auch im Privatgebrauch bei Familienausflügen habe ich diese Linse oft dabei. Es lässt sich für Oberkörperportraits gut einsetzen und man kann auch Übersichten sehr schön damit fotografieren, wenn es nicht zu eng ist und man einige Meter zurückgehen kann. Die Lichtstärke macht es ideal für dunkle Innenräume und Aufnahmen bei Kerzenlicht oder ähnlichen Lichtverhältnissen, bei denen die Stimmung erhalten werden soll.
Nach Texel hatte ich die letzten Jahre eigentlich immer fast meine komplette Ausrüstung, verteilt auf eine Tasche und einen Rucksack, mitgenommen, dazu ein vernünftiges Stativ und fertig war eine lange
Packliste. So fühlte ich mich für alle Situationen bestens gerüstet und konnte vom Makro, über Landschaft, bis hin zu Vögelaufnahmen alles angehen.
So ein Reisegepäck ist natürlich extrem schwer und nimmt viel Platz im Auto ein. Platz der seit dem letzten Jahr den diversen Reiseutensilien unseres Sohnes gehört.
Dieses Jahr sollte also alles ganz anders werden und ich packte in meinen kleinen Lowepro Fotorucksack:
Meine geliebte Fujifilm X-Pro 1 mit dem Fujinon 35mm Objektiv (50mm KB-Äquivalent)
Der Fotorucksack war diesmal also schnell gepackt. Eine große und schnelle Speicherkarte sollte reichen, dazu ein Ersatzakku, Ladegerät und mein Blackrapid Gurt. Fertig!
Ich war nervös, wie mein Experiment wohl ausgehen wird.
Zwei Wochen Familienurlaub auf Texel sind vorbei. Zwei Wochen Aprilwetter im Hochsommer. Alles war dabei, 14 Grad, Regen und Sturm bis hin zu 21 Grad, strahlend blauem Himmel und nahezu Windstille (was extrem selten auf Texel ist). Schwierige Bedingungen, um in den Ferien mit der Familie zu fotografieren und so bin ich froh, dass ich doch noch mit einigen brauchbaren Bildern nach Hause gekommen bin.
Die kleine Ausrüstung hat großen Spass gemacht. Durch das geringe Gewicht und die Kompaktheit, hatte ich die Kamera praktisch immer dabei. Wenn es schön war, am Blackrapid (allzeit bereit) baumelnd, wenn es geregnet hat, sicher im Lowepro Fotorucksack verstaut.
Nach den zwei Wochen kann ich sagen, dass ich nun ziemlich gut einschätzen kann, ob ich ein Motiv überhaupt mit 50mm so fotografieren kann, wie ich es mir vorstelle, und was noch viel wichtiger für mich ist, wie ich die Bildwirkung der 50mm Brennweite nutzen kann.
Praktisch alle Bilder sind Out of Cam, die JPEGs wurden teilweise in Lightroom leicht bearbeitet und auf Webauflösung heruntergerechnet. Einige wenige Bilder entwickelte ich mit der kamerainternen RAW-Verarbeitung neu, weil mir z.B. die Belichtung nicht gefiel und ich das Foto nicht wiederholen konnte. Da ich keinen Polfilter dabei hatte, habe ich bei einigen Fotos mit Himmel den Himmel nachträglich mit dem Verlaufsfilter-Werkzeug in Lightroom abgedunkelt und so die Stimmung verstärkt.
Die Einstellungen an meiner Fuji X-Pro 1:
Bildqualität: RAW + JPEG
Filmsimulation: PRO Neg. Hi
ISO: AUTO 6.400
Dynamikbereich DR100
Weißabgleich: AUTO
Rauschreduktion: +1
Farbe: +1
Schärfe: +1
Ton Lichter: -1
Schattierung Ton: 0
Zuhause am Rechner stellte ich fest, dass einigen Bilder eine Umwandlung in Schwarz-Weiß gut tun könnte.
Die Panormafunktion meiner Fujifilm X-Pro 1 hatte ich noch nie ausprobiert und musste das auf Texel mal austesten. Auch wenn es nicht ganz in das Thema 50mm Objektiv passt.
Hi, toller Beitrag, aber das Canon EF 50mm/f1.8 ist KEIN Kompromiss! Das ist ein Spielzeug! Bei mir traf es an der 350D und an der 550D nur in etwa 60% den Fokus! Es ist billig, mehr nicht 😉
Das 1,4 ist eines der besten Objektive, die es für Canon jemals gegeben hat. Mit bestes meine ich: Es kostet im Vergleich zur Leistung nur einen Bruchteil vom L Objektiven und bietet dennoch Qualität, mit der man sich selbst in der kommerziellen Fotografie nicht zu verstecken braucht!
Hi Viktor, ja das 1,4er ist ein tolles Objektiv mit einem unschlagbaren Preis-Leistungs-Verhältnis. Das 1,8er kenne ich leider nicht, habe aber zumindest über die Version mit Metallbajonett nur Positives gelesen.
Ich habe die neuste (also die STM) Version des 50mm 1.8 und bin überaus glücklich. An meiner 600D und M3 ist der Autofokus schnell und genau, dank des Steppermotors. Die Bildqualität hat mich auch sehr erfreut, vor allem, wenn man bedenkt, dass man es für rund 100€ haben kann 😉
Ich bin mehr als nur zufrieden.
Das canon stm 1.8 ist dem 1.4 in allen Bereichen deutlich überlegen. Mein 50l kommt nur noch zum Geld verdienen zum Einsatz. Das stm hat bessere Kontraste und einen viel treffsichereren AF als das 1.4.